... und dann blieb nur Krokodil

2022-07-27 17:09:00 / Gesundheit BARF
... und dann blieb nur Krokodil - ... und dann blieb nur noch Krokodil

Die Auswahl auf dem Tierfuttermarkt ist so groß wie noch nie. Grundfuttermittel, Leckerchen, Kauartikel sind nahezu von allen erdenklichen Tierarten erhältlich. Dass viele exotische Tierarten heute zum Standardsortiment in jedem gut sortierten Tierfutterladen gehören, ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass es immer mehr empfindliche Haustiere gibt, für die herkömmliche Tierarten nicht verträglich sind. Doch auch Tierhalter von völlig unproblematischen Tieren lassen sich gerne dazu verleiten das breite Angebot komplett auszuschöpfen um dem vierbeinigen Begleiter eine gut gemeinte vielfältige Abwechslung zu bieten.

Warum ist das nicht sinnvoll?
Welche Schwierigkeiten können dadurch entstehen?
Darüber möchten wir in diesem Artikel aufklären.

Abwechslungs ist wichtig - aber bitte mit Plan!

Auch für unsere Tiere gilt natürlich, dass eine gesunde Ernährung abwechslungsreich gestaltet sein sollte. Besonders bei BARF und Kochfütterung bestehen hier gute Möglichkeiten diese Abwechslung zu bieten. Für selbstzusammengestellte Futterrationen können die Zutaten gezielt und individuell ausgewählt und miteinander kombiniert werden. Es ist dabei allerdings alles andere als sinnvoll, dabei das gesamte Fleischsortiment eines BARF-Shops auszunutzen. Aber warum?

Viele Hunde und Katzen werden im Laufe ihres Lebens mit dem Verdacht einer Futtermittelallergie konfrontiert – Tendenz steigend. Hautprobleme wie Juckreiz und Dermatosen, Verdauungsprobleme und viele andere Symptomatiken werden meist zunächst unter den Verdacht einer Allergie gegen Futtermittel gestellt. Dann gilt es herauszufinden, welche Fütterungsbestandteile der Grund für die Symptomatik sind: Es soll eine Ausschlussdiät stattfinden.

Für eine Ausschlussdiät werden im besten Fall nur Futtermittel eingesetzt, die das Tier noch nie in seinem Leben aufgenommen hat. Das gilt für sämtliche Bestandteile, tierische sowie pflanzliche Futtermittel. Der Grund dafür ist ganz einfach zu erklären: Eine echte Allergie kann nur entstehen, wenn der Organismus mit einem Stoff schon einmal in Kontakt gekommen ist. Frühestens beim zweiten Kontakt mit einem Stoff kann also eine echte allergische Reaktion folgen. Umgekehrt: Ein völlig unbekannter Stoff kann somit nicht direkt allergen sein. Daher ist die sicherste Variante einer Ausschlussdiät, dafür nur Futtermittel einzusetzen, die dem Tier völlig unbekannt sind.


Exkurs „HYPOALLERGEN“

Damit wird auch klar, dass bestimmte Tierarten nicht pauschal als hypoallergen bezeichnet werden können. Häufig werden besonders exotische Tierarten als hypoallergen bezeichnet. Das sind sie aber nur solange, wie das Tier keinen Kontakt zu ihnen hatte. Auch ganz herkömmliche Tierarten wie Rind oder Huhn könnten theoretisch in diesem Zusammenhang hypoallergen sein, sofern das Tier noch nie mit ihnen Kontakt hatte – was natürlich in unserer Gesellschaft sehr unwahrscheinlich ist. 
Bis vor einigen Jahren galt Pferd noch als das hypoallergene Futtermittel schlechthin. Zu dieser Zeit waren Futtermittel mit Pferd auch noch lange nicht so verbreitet wie heute. Seit Pferd zum Standardsortiment in jedem Futterhandel gehört, ist es für die meisten Tiere nicht mehr als hypoallergen einzustufen – denn viele Tiere bekommen regelmäßig Bestandteile vom Pferd gefüttert.
Darin ist auch begründet, dass die häufigsten Futtermittelallergien gegen typische Tierarten wie Rind, Huhn und Pute bestehen: Sie kommen einfach sehr häufig zum Einsatz und damit können auch mehr Allergien dagegen entstehen. Sie sind aber nicht per se allergieauslösender als andere Dinge.


Nicht wenige Hunde- oder Katzenhalter stehen in der Situation eine Ausschlussdiät durchführen zu müssen dann vor dem Problem, dass es keine Tierart mehr gibt, die für das eigene Tier völlig unbekannt und damit uneingeschränkt für diese Ausschlussdiät – kurz ASD – geeignet wäre. Denn die Verlockung war einfach zu groß, dem Hund gut gemeint die Straußensehen, einen Entenstreifen oder das Kaninchenohr zum Knabbern, die Pferde-, Känguru- oder Ziegenleckerchen als besonderen Anreiz im Training zu geben – während es als Grundfutter meist eher herkömmliche Tierarten wie Rind, Huhn, Pute oder Lamm gab. Vielleicht kennt man dann auch noch einen Jäger, der hin und wieder Wild aus seiner Jagd abgibt. Und dann bleibt schon nicht mehr viel übrig, eigentlich ist das Standardsortiment im Tierfutterbereich damit ausgeschöpft.
Jede der aufgezählten Tierarten würde für eine eventuell nötige Ausschlussdiät ausscheiden, jedenfalls, wenn man sichergehen möchte, dass das eigene Tier darauf theoretisch nicht allergisch sein kann. Und damit kommen wir zum Titel dieses Beitrags: …und dann blieb nur noch Krokodil.

Dieser Titel mag überzogen klingen, wurde aber ganz bewusst so gewählt, da diese beschriebene Problematik alltäglich ist und ganz und gar kein erfundenes Szenario. Natürlich wird in BARF-Shops gar kein Krokodil angeboten, jedenfalls ist uns kein entsprechender Shop bekannt. Mit dem Titel soll aber deutlich gemacht werden, welche Probleme es nach sich ziehen kann, wenn planlos das gesamte Angebot an Futtermitteln ausgeschöpft wird – was ja unbestritten dem Tier gegenüber nur gut gemeint, aber eben nicht sinnvoll ist.

Zebra, zumindest das Muskelfleisch, ist im Gegensatz zu Krokodil tatsächlich inzwischen in einigen wenigen BARF-Shops erhältlich. Manchmal ist sogar Kamel zu bekommen. Das liegt mit daran, dass die Nachfrage an für uns extrem exotischen Tierarten steigt – weil die Gedanken zu dieser Problematik oft erst aufkommen, wenn es schon zu spät ist, der eigene Hund von einer (möglichen) Futtermittelallergie betroffen ist und tatsächlich nur noch diese extrem exotischen Tiere in Frage kommen.
Vielen Tieren bleibt daher tatsächlich nur noch Krokodil - oder wirklich ein leerer Napf.

leerer Napf

Aus demselben Grund gibt es auch immer mehr Futter die auf Insekten basieren, nicht allein aus Nachhaltigkeitsgründen.
Aber auch hier wird es genügend Tierhalter geben, die diese Dinge „einfach so“ verfüttern…
Auch bei Funktionssnacks sollte man immer auf die Inhaltsstoffe achten!

Nahezu jeder Tierernährungsberater stand sicher schon mindestens einmal mit einem Kunden vor dem Problem, eine geeignete Tierart für eine Ausschlussdiät auszuwählen, da das Tier in der Vergangenheit schon alles bekommen hat. Es ist also ein sehr alltägliches Problem. Dabei ist es recht einfach diese Situation zu umgehen.

Tierarten bewusst aufsparen

Wie eingangs erwähnt, ist auch für unsere Hunde und Katzen eine abwechslungsreiche Fütterung sinnvoll und anzustreben. Das bedeutet allerdings nicht, dass alles was verfügbar ist im Napf landen muss. Eine Auswahl von regelmäßig 3-4 Tierarten + ggf. Fisch ist völlig ausreichend um eine sinnvolle, abwechslungsreiche Ernährung zu bieten. Bei einem gesunden Hund empfiehlt es sich dabei eher die herkömmlichen Tierarten wie Rind, Huhn, Pute und Lamm zu nutzen. Diese Tierarten sind leicht zu beschaffen, meist deutlich günstiger im Preis als andere Tierarten und werden in der Regel nicht aus Übersee importiert. Daneben sind auch alle erforderlichen Bestandteile für eine ausgewogene BARF-Ration von diesen Tierarten problemlos verfügbar. Man könnte zudem den Standpunkt vertreten, dass sämtliche exotischeren Tierarten und vor allem extreme Exoten den Tieren vorbehalten sein sollten, die wirklich darauf angewiesen sind.

Empfehlenswert ist also, sich ganz bewusst Tierarten aufzusparen, die konsequent nicht an das eigene Tier verfüttert werden. Auch nichts als Leckerchen und Kauartikel.
Am besten wählt man hierfür Tierarten aus, von denen auch alle Komponenten erhältlich sich. Von vielen Exoten ist nämlich lediglich Muskelfleisch erhältlich, das auch oft noch mager und Fett von der jeweiligen Tierart gibt es schlicht nicht. Auch Innereien und (geeignete) Knochen können problematisch in der Beschaffung sein. Daher empfiehlt es sich, Tierarten aufzusparen, von denen alle nötigen Bestandteile verfügbar sind: Muskelfleisch, Fett, Innereien und ggf. Knochen, als Alternative zu Knochen im besten Fall Knochenmehl der Tierart.
Wer sich nur Exoten aufspart, muss sich darüber im Klaren sein, dass viele Nährstoffe aufgrund der fehlenden Bestandteile supplementiert werden müssen, wenn tatsächlich nur noch diese Tierarten verträglich wären. Außerdem sind die richtigen Exoten meist nicht ganz günstig. Sind nur noch solche Tierarten möglich, weil schon alle anderen „verbraucht“ wurden, kann das die Futterkosten schnell sehr deutlich in die Höhe treiben.
Man schützt sich und das Tier also in einigen Bereichen, wenn bewusst Tierarten aufgespart werden.

Welche Tierarten genau aufgespart werden, kann jeder Tierhalter für sich selbst entscheiden. Nur sollte das dann konsequent verfolgt werden. Es bietet sich also durchaus an, dafür nicht Tierarten zu wählen, die allgegenwärtig sind. Rind und herkömmliches Geflügel scheiden dafür daher eigentlich schon aus, zumal es kaum Hunde geben wird, die damit noch nie in ihrem Leben in Berührung kamen.

Selbstverständlich wird nicht jeder Hund im Laufe seines Lebens in die Lage kommen, dass eine Ausschlussdiät notwendig wird. Das kann aber niemand voraussagen. Kommt es dann doch dazu, ist man aber froh, wenn es noch die jungfräulichen Tierarten für das eigene Tier gibt. Zumal es wirklich keinen Grund gibt alles zu füttern, das verfügbar ist. Damit ist auch problemlos möglich mehrere Tierarten auf die Liste zu setzen, die nicht an den Hund verfüttert werden.

Plan verteidigen!

Manchmal gerät der Tierhalter aber auch unfreiwillig in die Situation, dass Exoten oder allgemein Tierarten unfreiwillig „verbraucht“ werden. Wir erleben das gerade selbst bei unserem Junghund und müssen hier regelmäßig unseren Standpunkt klarmachen und verteidigen.
Zur Begrüßung in der Welpengruppe gab es ein kleines Willkommenspaket, in dem auch Kauartikel und Leckerchen waren, gestiftet von einem örtlichen Tierbedarfsgeschäft. Neben Rinderkopfhaut, gedrehten Kälberblasen und Hühnerherzen befanden sich darin eine Straußensehne, Kaninchenohren und ein Tütchen mit Känguruleckerchen. Gleich drei typische „Allergiker-Tierarten“ in einer Tüte – warum? Nichts gegen das Willkommenspaket, Kopfhaut, Kälberblase und Hühnerherzen kamen sehr gut an, aber das andere wurde dem Tierheim gespendet. Ebenso wie Gratisbeigaben in Paketen, die oft Leckerchen mit Strauß oder Pferd enthalten.
Später, im Gruppenunterricht, wurden immer wieder Futterreize zum Training gesetzt. Ziegen- oder Pferdefleisch war hier besonders gerne eingesetzt worden. Das ginge doch auch sehr gut mit anderen Tierarten, dazu muss man doch nicht diese Tierarten einsetzen?
Das ist sicherlich alles nicht böse gemeint, es wird sich einfach nur keine Gedanken dazu gemacht, weil das Thema nicht präsent ist, sondern meistens erst dann, wenn der eigene Hund betroffen ist.

Wir werden gerne dafür belächelt, wenn wir solche Dinge ablehnen. Ernten Erstaunen, dass wir überhaupt über sowas nachdenken.
Nun sind wir eben die Etepetete-Hundeeltern, die ihrem Vierbeiner diese Leckerbissen nicht gönnen – wir können damit gut leben! Und unser Hund übrigens auch ;-)
Wir haben uns dafür entschieden nur Rind, Huhn, Pute und Lamm zu füttern. Und natürlich Fisch. Alles andere gibt es konsequent nicht, jedenfalls soweit das in unserer Macht steht.
Denn wenn, was wir nicht hoffen möchten, irgendwann der Verdacht einer Futtermittelallergie auftritt und wir gezwungen sind eine Ausschlussdiät durchzuführen, haben wir noch eine breite Palette an verschiedenen Tierarten, die dafür in Frage kommen. Und stehen nicht vor einem Problem, wie das nun gestaltet werden kann und sind gar gezwungen (dauerhaft) Fertigfuttermittel mit hydrolysierten Proteinen zu füttern.

Und was, wenn wirklich nur noch Krokodil übrigbleibt?

Welche Möglichkeiten habe ich aber, wenn ich verpasst habe gezielt Tierarten aufzusparen und bei meinem Hund oder meiner Katze nun eine ASD durchgeführt werden soll? Es ist nicht optimal, aber in diesem Fall empfiehlt es sich, eine Tierart zu nutzen, die das Tier schon möglichst lange nicht mehr erhalten hat. Denn es ist möglich, dass der Organismus den Kontakt zu einem Stoff vergisst und somit als völlig unbekannt wertet. Damit können sich theoretisch auch vorhandene Allergien zurückbilden, sofern der Körper lange keinerlei Kontakt zu dem jeweiligen Stoff hatte. Dafür gibt es aber keine Garantie und keinen festgelegten Zeitpunkt.
In Fällen, bei denen es aber wirklich keine Fleischart gibt, die für das Tier völlig unbekannt ist, wäre diese Vorgehensweise die einzige Möglichkeit eine sinnvolle ASD durchzuführen. Hat der Hund im Welpenalter Kaninchen bekommen und mit 5 Jahren ist eine Ausschlussdiät notwendig, kann es also trotzdem mit Kaninchen funktionieren. Je länger der letzte Kontakt mit der jeweiligen Tierart her ist, umso besser.


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